Pontes longi

Anhang C: Die Schlacht an den Pontes longi

Der römische Schriftsteller Tacitus berichtet, dass sich das römische Heer nach der Schlacht im Unwegsamen (s. Anh. B) im Jahr 15 n. Chr. umgehend aus Germanien zurückzog. Dies legt die Vermutung nahe, dass die Römer sehr empfindliche Verluste erlitten; vor allem ihre Reiterei und Hilfstruppen scheinen erheblich angeschlagen gewesen zu sein.

Germanicus, der sich zu dieser Zeit westlich der Weser befand, zog sich zunächst an die Ems zurück und führte dann 4 Legionen auf dem Fluss- bzw. Seeweg zurück an den Niederrhein. Diese erlitten durch eine Sturmflut schwere Verluste. Zuvor befahl er dem Legat Caecina, mit vier Legionen, nämlich der 1., der 5., der 20. und der 21. (alles in allem 28.000 bis 30.000 Mann einschließlich Tross), einen als „pontes longi“ („lange Brücken“) bezeichneten Weg, der um das Jahr 1 n. Chr. von den Römern angelegt worden war, instand zu setzen: „Caecina, der sein eigenes Heer führte, erhielt die Anweisung, obwohl sein Rückmarsch über bekannte Gegenden ging, er solle sobald als möglich über die langen Brücken zu kommen suchen.“ Da Holzbohlenwege für die Fortbewegung von römischen Legionen ungeeignet waren, hat es sich bei den pontes longi um Dammwege gehandelt.

Als Caecina und seine Truppen den Dammweg erreichten, der in einem desolaten Zustand war, waren sie von Arminius‘ Kriegern, die in viel größerer Zahl als erwartet angerückt waren, umzingelt, und zwar so, dass die Römer in der sumpfigen Niederung Straßenbau betrieben, während die Germanen auf der bewaldeten Höhe lagerten. So ließ Caecina ein Lager errichten, während der andere Teil der Truppen mit den Angriffen der Germanen beschäftigt war. Nach schweren und verlustreichen Kämpfen zogen sich die Römer am Abend ins Lager zurück. Die Germanen ließen dann durch das Umleiten von Bächen Wassermassen von den Höhen herabfließen, die den mühsam errichteten Dammweg auch noch zunichtemachten. Am nächsten Tag gaben die Römer den weiteren Bau am Dammweg auf und setzten ihren Marsch über eine Hochebene fort, die aber anscheinend zu schmal war, um die geplante „Vierecksformation“ zu ermöglichen, durch die der Tross in der Mitte durch die an den Flanken aufgestellten 5. und 21. Legion geschützt werden sollte, während die 20. die Nachhut und die 1. die Vorhut bildete. Die Legionen an den Flanken verließen aber ihre Stellung und gaben den Germanen Gelegenheit, den Tross anzugreifen. In den Kämpfen um den Tross zeichnete sich vor allem die 1. Legion aus, die sich mutig den Germanen entgegenwarf. Bald führte aber der Weg wieder in sumpfiges Gelände; die Römer konnten sich gegen Abend nur unter enorm großen Verlusten endlich ins Trockene freikämpfen, wo sie ein notdürftig befestigtes Lager errichteten und kaum noch Proviant hatten.

Wikipedia: Die Schlacht an den Pontes longi

Für den Feldzug das Jahres 15 n. Chr. hatte Tacitus das Aufstellen von 2 römischen Armeen beschrieben, eine unter der Führung von Germnicus, eine unter der Führung von Caecina: „Germanicus übergibt nun vier Legionen, 5000 Mann Hilfstruppen und die in der Eile aufgebotenen Scharen diesseits des Rheins wohnender Germanen dem Caecina; er selbst setzt sich an die Spitze von ebenso vielen Legionen und der doppelten Zahl von Bundesgenossen, …“ (Annalen I, 56). Im Frühsommer des Jahres 15 operierten die Armeen zunächst unabhängig voneinander, trafen sich dann im Verlauf des Sommers an der Ems, und marschierten von dort zu den Orten der Varusschlacht, mit der darauffolgenden Schlacht im Unwegsamen. Nach der Schlacht im Unwegsamen trennten sich die Armeen gemäß Tacitus, Germanicus zog mit seiner Armee an die Ems, Caecina zog mit seiner Armee zu den Pontes longi:

„Sofort führte er [Germanicus] das [sein] Heer an die Ems
– und von da die [seine vier] Legionen zu Schiff, wie er sie hergebracht hatte, zurück;
– einen Teil der Reiterei ließ er am Meeresstrand hin zum Rhein ziehen.
Caecina, der sein eigenes Heer führte, erhielt die Anweisung, obwohl sein Rückmarsch über bekannte Gegenden ging, er solle sobald als möglich über die langen Brücken zu kommen suchen.“  (Annalen I, 63)

Ausgangpunkt für die Geschehnisse der Schlacht an den Pontes longi ist also die Lokation der Schlacht im Unwegsamen, der Plackwald südlich von Warstein, wo sich die Germanicus Armee und die Caecina Armee trennten. Von hier aus bzw. von der nördlich angrenzenden Haarhöhe aus führte Caecina die 1., 5., 20. und 21. Legion an den Rhein. Dabei konnte er aber nicht den kürzesten Weg nehmen, der ihn nach Vetera/Xanten geführt hätte, sondern er musste einen Umweg machen, um die pontes longi instand zu setzen. Bei den pontes longi hat es sich daher also wahrscheinlich um die Dammwege durch die Wuppertaler Senke gehandelt (s. Kap. 2.4.1), um dann bei Novaesium/Neuss den Rhein zu überqueren.
Beim Marsch durch die Wuppertaler Senke konnten die Germanen die Römer im Tal der Ennepe zwischen Hagen und Gevelsberg erst einmal von den bewaldeten Höhen aus angreifen.

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Abb. C-1: Schlacht an den Pontes longi Tag 1, Marsch der Caecina Legionen (blau) und des Trosses (dunkelblau) durch das Tal der Ennepe, Angriffe der Germanen (rot)

Auf dem Höhenzug des Linderhauser Rücken konnten die Römer dann am 2. Tag der Schlacht in einer rudimentären Vierecksformation marschieren, um dann bei Heckinghausen ins Tal der Wupper und damit wieder in sumpfiges Gelände zu gelangen.

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Abb. C-2: Schlacht an den Pontes longi Tag 2, Marsch der Caecina Legionen (blau) und des Trosses (dunkelblau) in Vierecksformation über den Linderhauser Rücken, Angriffe der Germanen (rot)

Bei Sonnborn konnte die Caecina Armee die Wuppertaler Senke dann verlassen und hatte sich zu diesem Zeitpunkt den Weg auf trockenes Gelände freigekämpft. Darauf führte Caecina die Armee über eine Brücke bei Novaesium/Neuss über sicheres linkreinisches Gebiet wahrscheinlich nach Vetera/Xanten.